Die Handchirurgie befasst sich mit der Behandlung des Handgelenkes und der Hand und setzt sich aus vielfältigen Teilgebieten chirurgischer Disziplinen zusammen. Sowohl die chirurgischen Disziplinen der Orthopädie und Unfallchirurgie (Versorgung von Knochenbrüchen und Achskorrekturen), Mikrochirurgie (mikroskopische Chirurgie), Gefäßchirurgie und Nervenchirurgie (Nerven- und Gefäßrekonstruktionen und Freipräparation derselben) als auch der Sehnenchirurgie bis hin zur plastischen Chirurgie für größere Defektdeckungen nach Weichteilverletzungen kommen hier zur Anwendung.
Im Fokus steht die Diagnosestellung und Behandlung von Verletzungen an Handwurzel- und Fingerknochen und den anliegenden Bändern und Sehnen, die Behandlung von Nervenengpasssyndromen an Handgelenk und Ellenbogen und chronisch degenerativen Veränderungen wie der Arthrose (Gelenkverschleiß).
Darüber hinaus gehören jegliche Funktionswiederherstellungen der Hand einschließlich Sehnenverlagerungen und Sehnenkopplungen und die Behandlung und Versorgung von Rheumatikern und Patienten mit Prothesen zum Fachgebiet der Handchirurgie.
Eine umfangreiche und eingehende Fachkenntnis der funktionellen und anatomischen Zusammenhänge sind die Voraussetzungen für eine exakte Diagnose und die richtige Erstellung eines Behandlungsplanes. Für eine erfolgreiche Therapie ist auch der richtige Einsatz der anschließenden Rehabilitationsmaßnahmen (Physiotherapie, physikalische Therapie und Ergotherapie) ausschlaggebend.
Die Weiterbildung auf dem Gebiet der Handchirurgie ist eine sogenannte Zusatzweiterbildung. Die Voraussetzung dieser Zusatzweiterbildung ist eine Anerkennung als Facharzt für Chirurgie oder Orthopädie und eine 24- bis 36-monatige Weiterbildung bei einem Weiterbildungsbefugten, die mit der Zusatzbezeichnung„Handchirurgie“ abgeschlossen wird.
Bruchversorgung (Frankturversorgung)
An der Hand treten gehäuft Frakturen (Brüche) auf. Die häufigste Lokalisation ist hierbei das Handgelenk beziehungsweise die körperferne Speiche, welche die häufigste Frakturform aller Brüche insgesamt darstellt. Zeigen diese im Röntgenbild eine regelrechte Stellung, so können diese Brüche mittels Ruhigstellung in einer Unterarmkunststoffschiene unter regelmäßigen Röntgenverlaufskontrollen behandelt werden. Diese Ruhigstellung muss nach Bruchtyp für vier bis sechs Wochen durchgeführt werden. Sollte es sich um einen verschobenen Bruch handeln oder es kommt in den Wochen nach Verletzung zu einer neuen Fehlstellung („sekundäre Dislokation“), so sollte die operative Therapie mit Einrichten und Plattenfixierung der Speiche in anatomisch korrekter Stellung erfolgen. Hierbei wird von beugeseitig über einen kleinen Schnitt auf Höhe der speichenwärtigen Handgelenkbeugesehne die Fraktur offengelegt und mit einer winkelstabilen Metallplatte unterhalb der Haut am knöchernen Handgelenk fixiert.
Eine seltenere Fraktur stellt der Knochenbruch der Elle dar. Typischerweise handelt es sich hierbei entweder um Schaftbrüche im Rahmen einer Parierverletzung oder im Rahmen einer Speichenfraktur um einen Bruch des Griffelfortsatzes am Handgelenk („processus styloideus ulnae“), der mit Instabilitäten im handgelenknahen Gelenk zwischen Speiche und Elle („distales Radioulnargelenk“) oder mit Meniskusläsionen am ellenseitigen Handgelenk („TFCC = triangulärer fibrocartilaginärer Komplex“) vergesellschaftet ist und daher intraoperativ eine Stabilitätsprüfung dieser Komponenten durchgeführt werden sollte. In der großen Mehrzahl der Fälle kann bei Ellenbrüchen im Handgelenkbereich jedoch auf eine zusätzliche operative Versorgung der Elle verzichtet werden. Bei Schaftbrüchen der Elle sollte hingegen aufgrund der obligaten Instabilität stets eine operative Therapie mit winkelstabiler Plattenosteosynthese erfolgen. Aufgrund der langsamen knöchernen Heilungstendenz der Elle sollte die einliegende Platte im Falle von Beschwerden frühestens nach 18 bis 24 Monaten entfernt werden. Brüche der Handwurzel, der Mittelhand und der Finger werden minimalinvasiv behandelt. Ziel ist hierbei als Besonderheit eine weitestgehende Vermeidung einer länger dauernden Ruhigstellung anzustreben, da eine solche zwangsläufig zu Kontrakturen der Handwurzel- und Fingergelenke sowie Verklebungen der Sehnen und somit zu erheblichen und langwierigen Bewegungseinschränkungen führt. Als Behandlungsbesonderheit ist somit bei Brüchen im Bereich der Hand die frühzeitige freifunktionelle Beübung mit speziellen Schienen in den Mittelpunkt der Behandlung zu setzen. Das Operationsverfahren muss von der Lokalisation und dem Bruchtyp abhängig gemacht werden. Häufig können Brüche minimalinvasiv durch in die Knochen eingebrachte Drähte oder bei Spiralbrüchen und längsverlaufenden Frakturen durch Schrauben behandelt werden. Selten ist die Implantation von sogenannten Miniplatten notwendig, welche ebenfalls eine Bewegungseinschränkung im weiteren Behandlungsverlauf hervorrufen können.
Karpaltunnelsyndrom
Das Karpaltunnelsyndrom ist das häufigste Nervenengpasssyndrom der Hand und bezeichnet ein Kompressionssyndrom des Mittelhandnerven („nervus medianus“) beim Unterqueren des Karpaldachs am beugeseitigen Handgelenk in den sogenannten Karpaltunnel. Anatomisch gesehen ist der Karpaltunnel eine Rinne, in der die Sehnen der einzelnen Finger und der Nervus medianus, der für den Tastsinn des Daumens und der Langfinger und teilweise die Beweglichkeit des Daumenballens zuständig ist, verlaufen.
Typisch für das Karpaltunnel-Syndrom sind nächtliche oder früh morgendliche Schmerzen und Sensibilitätsstörungen vom Daumen, Zeigfinger, Mittelfinger und teilweise Ringfinger. Durch Ausschütteln der Hand lässt sich häufig eine Verbesserung erreichen. Besonders stark sind die Schmerzen die Sensibilitätsstörungen bei gebeugtem Handgelenk mit Druckerhöhung im Karpalkanal wie dies z.B. beim Auto- und Fahrradfahren oder bei handwerklichen Tätigkeiten der Fall ist. Bei kurzer Beschwerdedauer kann ein Therapieversuch mittels Ruhigstellung im Handgelenk und analgetischer Therapie folgen. Bei ausgeprägten Befunden wie auch bei mehrmonatiger Beschwerdedauer nach objektiver Messung der Nervenleitgeschwindigkeit beim niedergelassenen Neurologen mit objektivem Nachweis der gestörten Nervenleitgeschwindigkeit eine operative Therapie durchgeführt werden. Hierbei wird über einen kleinen Schnitt zwischen Daumenballen und kleinem Handballen entlang der Handbeugefalte das Karpaldach unter Lupenbrillenvergrößerung dargestellt und über den gesamten Verlauf gespalten. Hierbei muss auch der motorische Ast des n. medianus zum Daumenballen dargestellt und freipräpariert werden. Nach der Operation empfehlen wir eine Ruhigstellung des Handgelenkes in einer speziellen Orthese für ca. eine Woche, um einem erneuten Verkleben und Vernarben des soeben freipräparierten Mittelhandnerven („nervus medianus“) mit der Haut und Unterhaut vorzubeugen.
Kubitaltunnelsyndrom (auch: Ulnarisrinnensyndrom; Sulcus ulnaris-Syndrom)
Das Kubitaltunnelsyndrom ist ein Nervenengpasssyndrom des Ellennerven („nervus ulnaris“) und ist das zweithäufigste Engpasssyndrom an Unterarm und Handgelenk. Der Ulnaris-Nerv verläuft im Bereich des Ellenbogens sehr oberflächlich an dessen Innenseite (sog. „sulcus ulnaris“) und wird aufgrund seiner oberflächlichen Lage und somit hohen dortigen Druckempfindlichkeit im Volksmund häufig auch „Musikantenknochen“ genannt. Ist der Nerv komprimiert, spürt man anfänglich ein Taubheitsgefühl im Ring- und dem kleinen Finger, und zwar sowohl beugeseitig als auch streckseitig im Gegensatz zum weiter handgelenknah auftretenden Guyon-Logen-Syndrom, das nur die Beugeseite der Hand betrifft. Häufig beginnt das Kribbeln im Bereich des vierten und fünften Fingers nach längerer Beugehaltung im Bereich des Ellenbogens, wie dies z.B. beim Telefonieren der Fall ist. Weitere Folgen reichen von einer Unterversorgung der ellenseitigen Handmuskeln bis hin zum Muskelschwund am kleinen Handballen und der Muskulatur der Fingerspreizer, was in seltenen Fällen gar zur Ausbildung einer sogenannten Krallenhand führen kann. Neben der körperlichen Untersuchung sollte eine fachneurologische Untersuchung mit Messung der Nervenleitgeschwindigkeit durchgeführt werden. Hierbei können eventuelle Schädigungen der Nerven festgestellt werden. Liegt eine neurologisch gesicherte Kompression des Ellennerven vor, so ist die operative Therapie mit Dekompression und Freilegung des Ellennerven die Therapie der Wahl. Entscheidend ist hierbei die Freipräparation des Ellennerven über seinen gesamten Verlauf am Oberarm (Septum intermusculare und sogenanntes Struther—Ligament) und am Unterarm (Osborne-Band und Osborne Faszie an der ellenseitigen Handgelenkbeugemuskulatur). Die alleinige Dekomprimierung des Nerven an der Ellenbogenrinne („sulcus ulnaris“), wo der Ellennerv oberflächlich liegt, ist meist unzureichend und führt regelhaft zu einem erneuten Auftreten des Kubitaltunnelsyndroms. In Abhängigkeit des Befundes kann bei milder Ausprägung oder nicht eindeutigem neurologischen Befund auch die konservative Therapie mit Entlastung, entzündungshemmenden Medikamente oder gegebenenfalls einer Ellenbogenorthese eingeleitet werden.
Tendovaginitis stenosans de Quervain
Hierbei handelt es sich um Schmerzsyndrom über der handgelenknahen Speiche. Die Schmerzen treten insbesondere bei ellenseitiger Bewegung der Hand und beim Abspreizen oder Strecken des Daumens auf. Typisch für diese Erkrankung ist eine Verklebung und Reibung mit eingehender Sehnenscheidenentzündung im dem 1. Strecksehnenfach, welche sowohl die kurze Daumenstrecksehne, als auch die lange Abspreizsehne des Daumens führt. Im Frühstadium dieser Erkrankung ist die konservative Therapie mit Schonung, Entlastung des Sehnenfachs durch eine Handgelenkorthese oder auch mit Infiltration von Lokalanästhetikum und/oder einem Kortisonpräparat beschwerdelindernd. Bei Ausbleiben einer Verbesserung sollte die operative Therapie erfolgen. Hierbei wird die langstreckige Spaltung des ersten Strecksehnenfaches zur Sicherstellung des freien Gleitverhaltens beider Sehnen durchgeführt werden. Eine wichtige Differentialdiagnose zu dieser Erkrankung ist das Wartenberg-Syndrom.
Wartenberg-Syndrom
Hierbei handelt es sich um eine Druckschädigung des oberflächlichen Astes des Speichennervs (Ramus superficialis nervi radialis) im handgelenksnahen Unterarmbereich über der Speiche. Dieser tritt etwa 8cm körperfern vom Speichkopf durch die Unterarmfaszie an die Oberfläche, wo er durch einen Muskel (Musculus brachioradialis) komprimiert werden kann. Typisch ist eine Schmerzsymptomatik im handgelenksnahen Unterarmbereich mit Ausstrahlung in den Daumen. Gefühlsstörungen treten typischerweise zwischen Daumen und gegebenenfalls auch am 2. Mittelhandknochen auf, dem Verlauf des oberflächlichen Hautastes des Nervens entsprechend.
Neben der Therapie mit einer kurzfristigen Ruhigstellung kommen auch hier eine entzündungshemmende medikamentöse Therapie. Bei anhaltender Symptomatik sollte die operative Therapie mit Lösung des Nervens („Neurolyse“) erfolgen.
Supinator-Syndrom
Bei diesem Krankheitsbild kommt es zu einer Kompression eines Nervens im oberen Unterarmdrittel (Ramus profundus nervi radialis). Der Nerv wird hierbei durch den Musculus Supinator komprimiert, der für die Umwendbewegung des Unterarms zuständig ist. Es besteht ein belastungsabhängiger Schmerz im oberen Unterarmdrittel. Häufig tritt dieser bei Unterarmdrehbewegungen auf. Auch nächtliche Schmerzen sind typisch. Daher kann dieses Krankheitsbild leicht mit dem sogenannten Tennisarm, eine Reizung/Entzündung der Ansatzsehnen der Handgelenkstreckmuskulatur am seitlichen Ellenbogen, verwechselt werden.
Zunächst sollte eine Therapie mit kurzfristiger Ruhigstellung sowie entzündungshemmenden Medikamenten durchgeführt werden. Gegebenenfalls kann auch eine Cortisoninjektion hilfreich sein. Bei Beschwerdepersistenz und abgrenzbarer Symptomatik sollte eine jedoch operative Versorgung mit Freilegung des tiefen Astes des Speichennervs durchgeführt werden.
Pronator-Logen-Syndrom
Hierbei wird ein Nervenast im unteren Bereich der Oberarmbeugeseite komprimiert (Nervus medianus). Häufig bestehen Schmerzen am unteren Oberarmdrittel mit Ausstrahlung zur Ellenbeuge. Zeitweise können Störungen der Sensibilität und teilweise sogar Teillähmungen der Beugemuskulatur der Hand auftreten. Die Behandlung wird zunächst mittels Ruhigstellung einer Oberarmschiene durchgeführt. Begleitend hierzu können entzündungshemmende Medikamente eingenommen werden. Bei Ausbleiben einer Verbesserung sollte auch hier der Nerv operativ befreit und somit die Kompression beseitigt werden.
Tendovaginitis stenosans („Schnappfinger“, „schnellender Finger“)
Bei der Tendovaginitis stenosans besteht eine Engstelle der tiefen und oberflächlichen Beugesehne beim Durchtritt durch eines der Ringbänder, die die Beugesehne dicht am Finger fixiert halten. Typischerweise besteht eine Engstelle und somit funktionell eine Blockierung am 1. Ringband auf Höhe der körperfernen Hohlhand (sogenanntes A1-Ringband). Zusätzlich kann die Sehne durch den Reizzustand der Einengung verdickt sein, was das freie Gleiten durch das Ringband hindurch zusätzlich erschwert. Hierdurch kommt es charakteristischerweise nach dem Faustschluss zu einer Streckhemmung des betroffenen Fingers, teilweise muss zur Wiederherstellung der Streckstellung vom Patienten die andere Hand zur Hilfe genommen werden. Bei der Streckung entsteht dann nach Überwinden der Engstelle am Ringband das charakteristische Schnappen. Bei milder Ausprägung kann eine antiphlogistische medikamentöse Therapie erfolgen. Meist kommt es jedoch zu einer Zunahme der Symptomatik, so dass ein ambulanter operativer Eingriff notwendig wird, bei dem das Ringband gespalten oder operativ durch eine Plastik erweitert wird.
Sehnenscheidenentzündung
Sehnenscheidenentzündungen sind häufige belastungsassoziierte Reizungen der Sehnenscheiden im Bereich des Unterarmes und der Hand. Die Sehnenscheidenentzündung können sowohl auf der Beugeseite als auch auf der Streckseite auftreten. Typisch sind bewegungsabhängige Schmerzen der betroffenen Regionen. Die Beschwerden werden nicht zuletzt durch die Bewegungen der Finger ausgelöst. Die Therapie richtet sich nach der Stärke der Beschwerden. Bei leichteren Sehnenscheidenentzündungen ist eine Orthese/Handgelenkbandage in Kombination mit einem entzündungshemmenden Medikament ausreichend. Weiterhin sind Injektionsbehandlungen mit einem lokal wirksamen Schmerzmittel oder Kortisonpräparaten möglich. In schweren Fällen mit konsekutiver Verklebung und Bewegungseinschränkung sollte die operative Therapie mit Freipräparation der betroffenen Sehnen („Tenolyse“) und operativer Entfernung der entzündeten Sehnenscheide erfolgen.
Skidaumen (ulnare Daumenseitenbandruptur)
Diese Verletzung tritt häufig bei Skifahrern im Rahmen eines Sturzes auf. Die Verletzung kann jedoch auch bei vielen anderen Verletzungsmechanismen entstehen. Typisch ist hierbei das ruckartige Abspreizen des Daumens, meist bei Stürzen, wodurch der ellenseitige Bandapparat am Daumengrundgelenk reißt und somit eine Instabilität im Grundgelenk mit abnormer Aufklappbarkeit des Daumens nach speichenwärts ermöglicht wird. Die Stabilität des ellenseitigen Seitenbandes ist jedoch essentiell bei vielen Alltags- und Arbeitstätigkeiten, beispielsweise kann mit einem instabilen ellenseitigen Seitenband am Daumen eine Flasche oder auch Werkzeuge nicht sicher gehalten werden. Entscheidend für die Therapie ist somit die klinische Stabilität. Besteht eine deutlich vermehrte Aufklappbarkeit des Daumens im Seitenvergleich, sollte die operative Stabilisierung des Seitenbandes erfolgen, entweder mit direkter Naht oder bei knochennahem Abriss ohne ausreichenden Bandrest mit einem Fadenankersystem. Ein weiterer Operationsgrund ist die sogenannte „Stener-Läsion“ bei der der rupturierte Seitenbandrest über die Faszie und den Muskel gleitet, der den Daumen an die Mittelhand heranzieht (musculus adductor pollicis). Hierdurch werden beide Bandenden voneinander getrennt und können in der Folge nicht mehr spontan zusammen vernarben oder heilen. Besteht keine Stener-Läsion in der Ultraschall- oder kernspintomographischen Untersuchung und herrscht eine ausreichende Stabilität im Vergleich zur Gegenseite vor, kann auch eine nicht-operative Therapie mittels Ruhigstellung in einer Orthese für 6 – 12 Wochen erfolgen.
Bandverletzungen der Langfinger
Häufig kommt es im Rahmen von direkten Anprallverletzungen wie z.B. dem Umknicken eines Fingers beim Fangen eines Balles zu Bandverletzungen. Hauptsächlich betroffen ist hierbei die Bandverletzung an der Beugeseite des Mittelgliedes der Langfinger. Seltener treten Seitenbandverletzungen auf. Bandverletzungen äußern sich insbesondere in einer deutlichen Schwellung des betroffenen Gelenkes. Therapeutisch ist hier in aller Regel eine kurzfristige Ruhigstellung in einer Schiene ausreichend. Anschließend ist kann eine frei Beübung unter Entlastung mit einer stabilisierenden Fingerschiene ausgeübt werden.
Bandverletzungen der Handwurzel
Bandverletzungen im Bereich der Handwurzel und des Handgelenkes stellen eine häufige Verletzung dar. Insbesondere die Verletzung des Bandes zwischen Kahnbein und Mondbein („Scapholunäres Band“, „SL-Band“). In der Regel entstehen diese Verletzungen durch Stürze auf das Handgelenk und Verdrehungsverletzungen der Handwurzel. Zeigt sich in der Basisdiagnostik mit Röntgenprojektion ein im Seitenvergleich vergrößerter Abstand von Kahnbein und Mondbein, so sollte eine weitere Überprüfung mit einer Röntgenuntersuchung mit dynamischer Belastungsaufnahme beider Handgelenke oder eine kernspintomographische Darstellung des Bandes zwischen Kahnbein und Mondbein durchgeführt werden. In Abhängigkeit des erhobenen Befundes muss ggf. eine längerfristige Ruhigstellung oder eine Operation durchgeführt werden. Idealerweise sollte Ruptur des SL-Bandes innerhalb von 6 Wochen nach der Verletzung erfolgen. Je nach Verletzungsschwere kann bei rein streckseitigen Teilrissen die Versorgung mit einer Arthroskopie („Gelenkspiegelung“) minimalinvasiv durch ein Vernähen mit der streckseitigen Handgelenkkapsel erfolgen („dorsale Kapsulodese“). Bei vollständigem Riss mit entsprechender Instabilität sollte ein offen chirurgisches Verfahren mit offenen Gelenkdarstellung und Knochenankern erfolgen, bei denen entweder mit einem stahlarmierten Faden oder mit einer körpereigenen Sehne durch gesetzte Bohrlöcher in Kahnbein und Mondbein diese beiden Knochen miteinander verspannt und somit in die physiologische Stellung aufgerichtet werden. Anschließend ist eine mehrwöchige Ruhigstellung und eine Entlastung für 6 – 12 Wochen notwendig. Nach der Ruhigstellung sollte jedoch frühzeitig lastfrei eine physio- und ergotherapeutische Beübung beginnen.
Strecksehnenverletzungen (z.B. Hammerfinger, Knopflochdeformität, Schwanenhalsdeformität)
Strecksehnenverletzungen treten in aller Regel durch ein Unfallereignis auf, meist Stauchungsverletzungen. Am häufigsten findet sich ein Strecksehnenabriss am Endgelenk der Langfinger. Der Finger kann in diesem Gelenk nach der Verletzung nicht mehr aktiv gestreckt werden („Hammerfinger“, „mallett finger“). Eine passive Streckung (z.B. durch die andere Hand) ist weiterhin möglich. Im Rahmen der Diagnostik muss in diesen Fällen eine Röntgenuntersuchung des betroffenen Fingers durchgeführt werden. Bei reinen Strecksehnenausrissen ohne knöcherne Verletzung sowie auch bei knöchernen Ausrissen, die nach Anlage einer Streckschiene nicht fehlgestellt sind, kann weiterhin die konservative Therapie mit Ruhigstellung des betroffenen Fingerendgelenkes in Streckstellung erfolgen. Diese muss für 8 – 12 Wochen fortgeführt werden. Sollten die Sehnen knöchern ausgerissen sein mit einer Fehlstellung im Röntgenbild, so ist in Abhängigkeit von der Größe des knöchernen Fragmentes auch eine operative Therapie notwendig.
Seltener kommt es zu Verletzungen der Strecksehnen körpernahen Gelenken. Häufig sind diese durch direkte Traumata (Schnitt- und Stichverletzungen oder Verletzung durch einen Schlag) entstanden. Hierbei ist meistens eine operative Therapie notwendig, da sich ein Streckdefizit aufgrund der mehrzügigen Strecksehnenplatte zu einer zunehmenden Deformität („Knopflochdeformität“, „Schwanenhalsdeformität“) ausweiten kann, die mit zunehmendem Alter der Verletzung zunimmt und somit immer schwerer behandelbar wird. Hierbei ist operativ eine Strecksehnenhaubenrekonstruktion oder bei degenerativen Rissen durch Fehlbelastung die Sehnenkopplung mit einer körpereigenen Fingerstrecksehne (meist vom Kleinfinger oder Zeigefinger) notwendig.
Beugesehnenverletzung
Verletzungen der Fingerbeugesehnen werden in der Regel durch Schnitt- oder Sägeverletzungen ausgelöst. Beugesehnenverletzungen sollten im Gegensatz zu Strecksehnenverletzungen stets operativ behandelt werden. Hierbei wird die Sehne primär oder sekundär genäht. Die anschließende Nachbehandlung nach dem sog. Kleinert-Schema, das durch spezielle Handschienen mit Zügeln die frühfunktionelle Beübung der Finger unter Entlastung der durchgeführten Sehnennaht ermöglicht. Jede Wunde, die sich im Verlauf der Beugesehnen befindet, sollte genau inspiziert werden, um eine Beteiligung der darunter liegenden Beugesehne sicher auszuschliessen und somit eine dauerhafte Fehlfunktion der Hand zu vermeiden.
Morbus Dupuytren
Hierbei handelt es sich um eine familiär gehäufte Krankheit, deren genaue Ursache bis heute nicht sicher erforscht ist. Sie tritt häufiger bei Männern auf, das Prädilektionsalter ist das 4. und 5. Lebensjahrzehnt. Es kommt hierbei zur Bildung von Narbensträngen aus der Sehnenplatte („Aponeurose“) der Hohlhand heraus. Durch die Mitbeteiligung und Verwachsung der Narbenstränge in die Gefäß-Nervenbündeln und Beugesehnen kommt es zur zunehmenden Krümmung („Beugekontraktur“) der Langfinger. Bei leichtgradigen Verdickungen und noch auszugleichenden Beugestellungen der Langfinger ist ein abwartendes Verhalten indiziert, da eine operative Entfernung stets an anderer Stelle der Hohlhandaponeurose eine erneute Strangbildung auslösen und somit den Ausgangsbefund sogar verschlechtern kann. Bei störender Beugekontraktur oder Schmerzen im Alltag sollte jedoch die operative Entfernung der betroffenen Narbenstränge angestrebt werden. Die Operation erfolgt unter Blutleere und mikrochirurgischer Präparation mit anschließender vollständiger Entfernung der Narbenstränge.
Weichteilschwellungen (z.B. Ganglion, gutartige Tumoren)
Im Bereich des Handgelenkes und der Hand findet sich eine Vielzahl von meist gutartigen Weichteilschwellungen. Besonders treten sogenannte Überbeine (Ganglien) auf. Dies sind reizbedingte Ausstülpungen entweder von Gelenkkapseln oder von Sehnenscheiden am Handgelenk. Diese sind gutartig und sollten nur dann operativ behandelt werden, wenn diese funktionell oder kosmetisch stören. Ein nicht operativer Behandlungsversuch ist gerechtfertigt, da Ganglien sich auch ohne weiteres Zutun zurückbilden können. Bei Größenzunahme des Ganglions und damit verbundenen Beschwerden sollte dieses jedoch operativ entfernt werden. Dies erfolgt in aller Regel im Rahmen einer Oberarmbetäubung und in mikrochirurgischer Technik. Weitere Weichgewebsschwellungen wie durch Fremdkörper verursachte Granulome oder Unterhautgeschwülste werden in selbiger Technik entfernt. Im Anschluss an die Entfernung der Weichgewebstumoren schließt sich stets die mikroskopische Untersuchung des entfernten Gewebes an, um sicher eine bösartige Raumforderung auszuschließen.